Walter Kabel, Am Ende der Welt

Walther Kabel
Olaf K. Abelsen
Max Schraut

Walther Kabel
Olaf K. Abelsen
Max Schraut

Walther August Gottfried Kabel wurde am 8. August 1878 in Danzig geboren und starb im Mai 1935 in Klein Machnow bei Berlin. Er war einer der meistgelesenen und produktivsten Volksschriftsteller der zwanziger Jahre. Er veröffentlichte unter zahlreichen Pseudonymen Kriminal- Abenteuer- und Jugendromane, über Jahrzehnte jede Woche eine neue Ausgabe.
Unter den Nationalsozialisten wurden seine Bücher als »Schmutz- und -Schundliteratur« bezeichnet und verboten, er wurde mit einem Schreibverbot belegt.
Walther August Gottfried Kabel nació el 8 de agosto de 1878 en Danzig y murió en mayo de 1935 en Klein Machnow, cerca de Berlín. Fue uno de los escritores populares más leídos y prolíficos de los años veinte. Publicó novelas policíacas, de aventuras y juveniles bajo numerosos seudónimos, durante décadas una nueva edición cada semana.

Bajo los nacionalsocialistas, sus libros fueron calificados de “literatura basura” y prohibidos, y a él se le prohibió escribir.

 

I.
Die Nacht damals war kalt, regnerisch und finster. Eine bessere Nacht konnte ich mir kaum wünschen.
Wenn die Regenschauer und Windstöße über das Schieferdach hinwegfuhren, drang mir die Kälte durch die durchnäßten, muffig stinkenden Leinenhosen und die aus der grauen Wolldecke in heimlicher Arbeit zurechtgeschneiderte Jacke bis auf die Knochen.Seltsam – meine Gebeine fühlte ich, als ob es eisige, eiserne Stangen wären. Aber meine Haut und mein Gesicht brannten wie damals, als ich mitgeholfen hatte, der Jungfrau durch den felsigen Leib finstere Schlünde zu bohren: Höhensonne – Gletscherbrand!
I.
Aquella noche era fría, lluviosa y oscura. No podría desear una noche mejor.Cuando los chubascos y las ráfagas de viento pasaban por encima del tejado de pizarra, el frío me calaba hasta los huesos a través de mis pantalones de lino empapados y con olor a moho, y de la chaqueta que había confeccionado en un trabajo subrepticio con la manta de lana gris.Extraño… sentía mis huesos como si fueran barras de hierro heladas. Pero la piel y la cara me ardían como cuando había ayudado a perforar las oscuras gargantas del cuerpo rocoso de la Doncella: sol de altura… ¡Quemaduras de glaciar!
Vom Dache liefen zwei dicke Drähte mit leichtem Gefälle über den Hof und die hohe Mauer hinweg bis zu einem nahen Hügel.Zwei Drähte – der eine isoliert, der andere durch die Witterungseinflüsse oxydiertes Kupfer.
Drähte, die den Tod leiteten, aber auch Licht, Kraft, Wärme spendeten.Die Drähte lagen etwa fünfzig Zentimeter auseinander und schwankten im Winde. Ich bin nie ein Seiltänzer gewesen. Man wird alles, wenn Not am Mann ist. Und ich hatte dieses Leben satt. Ich war in den letzten acht Monaten, wo ich lediglich häßliche Pantoffel genäht und nicht ein einziges Mal anständig gegessen hatte, fraglos um zwanzig Pfund leichter geworden. Ich schätzte mein Gewicht auf hundertzehn. Wenn die Drähte hielten und wenn ich das Kunststück fertigbrachte, auf diesen Metallstrippen, die den Weg in die Freiheit darstellten – den einzig möglichen Weg – bis drüben zum dicken Holzmast der Starkstromleitung zu gelangen, so war immerhin etwas gewonnen.
Desde el tejado, dos gruesos cables atravesaban el patio en ligera pendiente y ascendían por encima del alto muro hasta una colina cercana.Dos cables: uno aislado, el otro de cobre oxidado por los elementos.Cables que conducían la muerte, pero también daban luz, energía, calor.

Los cables estaban a unos cincuenta centímetros de distancia entre sí, balanceándose con la brisa. Nunca he sido funámbulo. El hombre se convierte en cualquier cosa cuando hay necesidad. Y estaba cansado de aquella vida. Evidentemente, había adelgazado diez kilos en los últimos ocho meses en que lo único que había hecho era coser feas zapatillas y no comer decentemente ni una sola vez. Calculé mi peso en cincuenta y cinco. Si los cables aguantaban y si lograba la hazaña de llegar hasta el grueso poste de madera del tendido eléctrico sobre aquellos hilos metálicos que eran el camino hacia la libertad, el único camino posible, entonces al menos se habría ganado algo.

Noch lange nicht alles.
Vom Boden des roten Ziegelgebäudes hatte ich mir ein Stück von einer zerbrochenen Fahnenstange mitgebracht.Als Balancierstange.Ich setzte mich auf den Lukenrand, streifte die plumpen Lederschuhe ab und zog die anderen über – aus Gummistoff, auch selbstgefertigt, genau wie die Gummihandschuhe, die ich über meine Finger zwängte. Mit solchen Drähten muß man vorsichtig sein, zumal wenn die Isolation des Plusleiters vom Zahn der Zeit schon arg benagt ist und man nicht dafür gutsagen kann, das Gleichgewicht trotz totaler Nüchternheit nicht zu verlieren.Unten im Hof ging ein dunkler Schatten hin und her.Der Mann war mir gleichgültig, auch sein Karabiner. Die Instruktion verlangte, daß er die hohe Ziegelmauer überwache, die oben noch eine nach innen geneigte Verlängerung von acht Stacheldrähten trug. Bisher war noch keiner meiner Kameraden über diese Mauer hinweggelangt.Ich packte die Stange und begann diesen Weg zu beschreiten, der wahrhaftig kein Alltagsweg war.
No era todo, ni mucho menos.
Del suelo del edificio de ladrillos rojos me había traído un trozo de asta de bandera rota como pértiga. Me senté en el borde del ventanuco, me quité los pesados zapatos de cuero y me puse los otros, de lona de goma, que también me había hecho, igual que los guantes de goma que me ajusté en los dedos. Hay que tener cuidado con los cables así, sobre todo cuando el aislamiento del conductor positivo está ya muy roído por los estragos del tiempo y no puede asegurarse que no se va a perder el equilibrio a pesar de la sobriedad total. Abajo, en el patio, una sombra oscura caminaba de un lado a otro. Me era indiferente el hombre, incluso su carabina. Las ordenanzas exigían que vigilara el alto muro de ladrillos, que todavía tenía una extensión inclinada hacia adentro de ocho alambres de púas en la parte superior. Hasta ahora ninguno de mis compañeros había logrado superar aquel muro.Agarré la barra y empecé a recorrer aquel camino, que realmente no era un camino usual.
Die Dachluke hatte ich wieder zugeklappt. Und das war gut. So hat man sich denn wochenlang die Köpfe zerbrochen, wie Ingenieur Olaf Karl Abelsen das Hotel ›Düsterburg‹ wohl verlassen haben könnte.
Die ersten gleitenden Schritte auf den beiden Drähten hätten vielleicht noch vor acht Monaten meine Unternehmungslust bis zum Gefrierpunkt abgekühlt. Die acht Monate Pantoffeln und Staatshotelkost – und die Aussicht auf noch sechzehn Monate: Lieber das Genick brechen oder eine elektrische Hinrichtung hier am eigenen Leibe durchmachen!Weiter!Linken Fuß auf dem isolierten Draht vorgeschoben, rechten Fuß auf der Kupferstrippe breitbeinig folgen lassen!Zähne zusammengebissen!Aha – das Knochengerüst wird gleichfalls warm, die Gelenke werden geschmeidig, die frische Luft tut wohl.Spiel mit dem Tode!

Mein Gott – nicht das erste Mal!

Als damals im Jungfrautunnel der Sprengschuß zu früh losging, lag ich eigentlich schon mit beiden Beinen im Grabe. Der Sprung hinter den Geröllhaufen hätte keinen Bruchteil einer Sekunde später erfolgen dürfen.

Verdammt!

Había vuelto a cerrar el ventanuco del techo. Era lo mejor. Así tendrían que devanarse los sesos durante semanas para averiguar cómo podría haber abandonado el hotel “Düsterburg” el ingeniero Olaf Karl Abelsen.
Hacía apenas ocho meses, aquellos primeros pasos deslizantes sobre los dos cables podrían haber enfriado mi espíritu emprendedor hasta el punto de congelación. Los ocho meses de pantuflas y rancho de hotel estatal, y la perspectiva de dieciséis meses más: ¡Más me valía romperme la crisma o sufrir una ejecución eléctrica aquí, en mi propia carne!¡Adelante!El pie izquierdo avanzó sobre el cable aislado, ¡deja que el pie derecho siga sobre el hilo de cobre con las piernas abiertas! ¡Aprieta los dientes!Aha… el esqueleto se calienta de la misma manera, las articulaciones se flexibilizan, el aire fresco te hace bien.¡Juega con la muerte!

Dios mío, no era la primera vez.

Cuando el explosivo en el túnel de la Doncella estalló antes de tiempo, ya estuve con un pie en la tumba. El salto tras la pila de escombros no pudo haber sido ni una fracción de segundo más tarde.

¡Maldita sea!

Dieser Windstoß eben hätte mich beinahe unten dem Posten vor die Füße befördert. Der arme Kerl hätte keinen schlechten Schreck über den Haufen blutigen Menschenfleisches bekommen.

Ich wurde wieder vorsichtiger. Wenn der Wind eine Pause machte, schaffte ich immerhin fünf Schritte vorwärts.

So – nun lag die Mauer hinter mir.

Bis zum Hügel und Holzmast noch etwa dreißig Meter.

Ich schwitze.

Früher hatte ich nie geschwitzt. Auch damals nicht, als ich den Schienenbruch entdeckt hatte und dem Schnellzug Malmö-Stockholm entgegenlief. Und in jener Nacht handelte es sich um zahlreiche Menschenleben, die auf dem Spiele standen. Heute nur um mein eigenes, und daran lag niemandem etwas. Die Welt hatte Karl Olaf Abelsen gestrichen.

Aber mein einst so trefflich trainierter Körper besann sich doch so allmählich auf seine einstige Leistungsfähigkeit. Mit dem wachsendem Selbstvertrauen ging es auch schneller voran.

Tückischer Nachtwind – Bestie!!

Tut so, als ob sie wieder Atem schöpfen wollte und bläst mir ganz plötzlich derart in den Rücken, daß mein linker Fuß ausgleitet.

Die Stange saust in die Tiefe … ich hänge an der Kupferstrippe … pendele hin und her …

Die beiden Drähte schwingen … schwingen …

Der schwarze berührt meinen Handschuh und schwingt zurück.

Für einen Moment ist mir das bekannte Kribbeln durch die Hand gelaufen. Der Handschuh isoliert doch nicht vollständig.

Die Bestie Wind stellt das Fauchen wieder ein.

Aquella última ráfaga de viento casi me hace caer a los pies del guardia de abajo. El pobre no se habría llevado un mal susto con un montón de carne humana ensangrentada.
Me volví más cauteloso. Cuando el viento hacía una pausa, conseguía avanzar cinco pasos.
Bueno… ahora el muro estaba a mi espalda.
Unos treinta metros más hasta la colina y el poste de madera.
Estaba sudando.
Antes nunca había sudado. Ni siquiera cuando descubrí aquella vía rota hacia la que se dirigía el tren expreso Malmö-Estocolmo. Y aquella noche peligraban muchas vidas. Hoy, solo la mía y no le preocupaba a nadie. El mundo había borrado a Karl Olaf Abelsen.
Pero mi cuerpo, antes tan bien entrenado, fue recordando poco a poco sus antiguas capacidades. Con la creciente confianza en sí mismo también fue más rápido.
Viento nocturno traicionero – ¡¡bestia!!
Actúa como si quisiera recuperar el aliento y de repente sopla en mi espalda de tal manera que mi pie izquierdo resbala.
El bar se precipita a las profundidades … Me aferro a la barra de cobre… …balanceándose de un lado a otro.
Los dos cables oscilan… …balanceándose…
El negro toca mi guante y se balancea hacia atrás.
Por un momento, el familiar cosquilleo recorrió mi mano. Después de todo, el guante no aísla completamente.
La bestia del viento vuelve a dejar de silbar.